Nun war er also endlich wieder da, der langersehnte Schnee
Diese Gelegenheit musste ich am Schopfe packen und schnellstmöglich losmarschieren. Gesagt, getan – Ausrüstung bereitgestellt und los. Bei einer Nostalgie Schneeschuh-Wanderung muss natürlich alles passen, vom Scheitel bis zur Sohle. So hab ich mir über Jahre mein Outfit Anno dazumal mühevoll zusammengetragen. Schneeschuhe aus den 40er Jahren, Schuhe, Gamaschen, Hose, Jacke, Stöcke, Rucksack, Kopfbedeckung und Handschuhe genau so – authentisches sollte es sein!
Nachdem ich die Lederriemen an den Gamaschen und an den Schneeschuhen eingestellt und gefettet hatte, war meine Ausrüstung perfekt präpariert und reaktiviert für den Neuschnee. Die kühle Luft, die klare Sicht und ein bisschen Sonnenschein hatten mich an diesem Samstag zu einem der glücklichsten Menschen gemacht. Sofort möchte man sich in die Zeit hineinversetzen, als es noch keine Synthetik Funktionskleidung und Top-Ausrüstungen gab und Menschen mit diesen Schuhen zu Ihrem Arbeitsplatz gelangten. Ein täglicher Gebrauchsgegenstand, um im Winter von A nach B zu kommen. Dabei zählt eine Schneeschuh-Wanderung heute zu einer Freizeitaktivität, die sich zu einer erfolgreichen Wintersportart entwickelt hat.
Kaum war ich ein paar hundert Meter im tiefen Pulverschnee gestapft, müsste ich feststellen, dass die schon längst aussortierten Holz-Schneeschuhe immer noch sehr gut funktionierten und mich mit großen Schritten voranbrachten, mindestens genauso gut wie ein paar Kunststoff Schneeschuhe aus dem Sportgeschäft. Lediglich musste ich die Lederriemen hier und da etwas nachziehen und neu justieren – diese schmiegten sich nach längerem Gehen immer besser an meinen Fuß an. Immer wieder blieb ich stehen, um meine Spuren im Schnee zu begutachten – stolz, dass ich diese Tour für mich machen konnte, so ganz ohne modernes Equipment und teurer Ausrüstung, ein Glücksgefühl, das kaum in Worte zu fassen ist. Man fühlt sich frei und wird eins mit dem Gelände. Plötzlich nimmt man wieder bewusster Geräusche aus der Natur wahr und kann die Stille geradezu aufsaugen. Bei all meiner nachhaltigen Euphorie muss ich gestehen, dass ich bei meiner Nostalgie-Wanderung nicht ganz auf meine elektronischen Helferlein verzichten konnte – schließlich musste ich das ganze ja bildlich festhalten.
Mit solch einer Tour zieht man Blicke auf sich.
So interessierten sich an diesem Tag einige Leute für mein Nostalgie-Vorhaben. Schon nach wenigen Schneemetern bin ich der ersten Langlauf-Gruppe über den Weg gelaufen, die es sichtlich amüsant fanden. Eine klasse Erfahrung, die ich bestimmt noch des Öfteren in meiner Erinnerungs-Cloud abrufen werde. Sicher ist es nicht mehr zeitgemäß, mit antikem Equipment über die schneebedeckten Felder zu ziehen, aber schon alleine die Erfahrung macht sehr glücklich und lässt einen in längst vergangene Zeiten zurückkehren. Zuhaue wieder angekommen, legte ich meine Kleidung wieder ab und war so sehr zufrieden und ausgeglichen – endlich hatte geklappt und ich konnte mein Schneeschuh – Nostalgie – Wanderung erfolgreich bestreiten. Bestimmt haben mich dabei einige Vorfahren aus der Vogelperspektive beobachtet.
Abschließend möchte ich noch einen kurzen Satz zur altbewährten Ausrüstung loswerden – damals wurde nicht saisonal gedacht und keiner hat sich großartig an Modetrends orientiert – Qualität und Langlebigkeit stand absolut im Vordergrund. Solltet ihr die Möglichkeit haben, mit einer klassischen und traditionellen Ausrüstung loszuziehen, dann kann ich es nur jedem Empfehlen, nutzt die Gelegenheit – kein Workout und keine Therapie könnte dieses Glücksgefühl übertreffen.
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